Philippus findet den Nathanael und spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, vonwelchem Moses in dem Gesetz geschrieben und die Propheten, Jesus, den Sohndes Joseph, den von Nazareth. Und Nathanael sprach zu ihm: Kann aus Nazarethetwas Gutes kommen? Philippus spricht zu ihm: Komm und sieh! (Johannes 1, 45 u. 46)
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
unser heutiger Text offenbart ein uraltes Problem:
Ein einmal festgezurrtes Urteil lässt sich nur schwer korrigieren.
In unserem Fall geht es um die Einwohner Nazareths in Galiläa. Obwohl auch sie Juden waren, wurden sie von denen aus Judäa verachtet, denn Nazareth war eine Stadt der armen Leute. Sie stand deshalb symbolisch für das Niedrige und Verachtete. Wenn man jemanden beschimpfen wollte, nannte man ihn einen „Nazarener“.
So lag Nathanael mit seiner Einstellung ganz im Trend der Zeit. Aber nun kam Philippus mit der ungeheuren Botschaft zu ihm: Wir haben den Messias gefunden (…) den Sohn des Joseph, von Nazareth. Nathanael war ein frommer Jude. Wie Philippus, trug er die Hoffnung auf den Erlöser in sich. Deshalb war diese Nachricht grundsätzlich sehr willkommen. Wenn doch nur nicht dieses „von Nazareth“ angefügt gewesen wäre. So antwortete er enttäuscht: Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen? Aber Philippus reagiert sehr weise. Er verteidigt seine Behauptung nicht und lässt sich auf keine Diskussion ein. Er erwidert einfach nur: Komm und sieh!
Wie Nathanael sind auch wir fromme Menschen, die im Grundsätzlichen nicht an Jesus zweifeln. Aber wie ist es im Detail? Kennst du solche Krisen, in denen uns der überzeugte Glaube schwindet, dass Jesus uns wirklich helfen wird? Wenn wir gebetet und gebetet haben, ohne dass ein Ergebnis in Sichtweite geraten ist? Hören wir dann im Herzen nicht auch die uralte und festgefahrene Stimme des Unglaubens, die uns einreden will: Aus Nazareth wird nichts Gutes kommen! Gerade in unserer Zeit, wo alles „jetzt und gleich“ zu haben sein soll, deuten wir das Wartenmüssen leicht als eine Absage der Hilfe Gottes. Im Grunde aber zeigen solche Gedanken, dass er für uns zwar der Messias ist, aber mit Einschränkungen. Er kommt eben nur aus Nazareth.
Auch für uns hat Philippus darauf die richtige Antwort: Komm und sieh! Schaue in dein Leben und zähle die Gebetserhörungen, die Führungen und Segnungen, die du bereits empfangen hast. Allein „unser tägliches Brot“ hat er uns so regelmäßig gegeben, dass wir oft vergessen haben darum zu bitten. Das alles kam übrigens aus Nazareth (mit Jesus) in unser Leben. Und er, der das gute Werk begonnen hat, der wird es auch heute wiedervollenden. (nach Philipper 1,6)
Bleibt fest im Glauben und geht als Gesegnete in diesen Tag,
euer Reinhard